Die Sammlung weiterdenken
Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist bekannt für ihre Schlüsselwerke der Klassischen Avantgarden, der Nachkriegsmoderne und der internationalen Gegenwartskunst. Als öffentliches Landesmuseum sammelt, bewahrt, erforscht und präsentiert sie Kunstwerke des 20. und 21. Jahrhunderts. Zugleich versteht sie sich als lebendiger Ort der Reflexion und des Wissensaustauschs. Kern der aktuellen Arbeit mit und an der Sammlung ist es, den seit 1961 aufgebauten Sammlungsbestand aus der Perspektive der Gegenwart kritisch zu befragen und weiterzudenken. Sechs Begriffe dienen dabei als Leitgedanken: Dialog, Gesellschaft, Gleichheit, Globalität, Innovation und Zukunft. Dies betrifft den Dialog zwischen Menschen, Kulturen und künstlerischen Sparten; die Themen und Krisen der Gesellschaften, in denen wir leben; Gleichheit und Gerechtigkeit als gemeinsames Ziel; die Vielfalt und die Aufgaben, die sich aus der Globalisierung ergeben; Macht und Möglichkeiten der Technologien und schließlich die Frage nach der Gestaltung unserer Zukunft.
Den Horizont der Sammlung aus diesen unterschiedlichen Perspektiven zu erweitern und die veränderten Bedürfnisse eines diversen Publikums sowie die damit verbundene Rolle der Institution Museum zu reflektieren, hat sich die Kunstsammlung zum Ziel gesetzt. 2021 wurden diese Themen in dem Symposium Rethinking the Museum gemeinsam mit internationalen Akteur*innen der Kunstwelt diskutiert. Gleichermaßen leiten diese Überlegungen die Ergänzung des Sammlungsbestandes durch den Ankauf neuer Werke.
Neuerwerbungen
Wie viele moderne Kunstmuseen beherbergt auch die Kunstsammlung eine kanonisch geprägte Sammlung. Die Mehrheit der Werke stammt von männlichen Künstlern, die in Europa oder Nordamerika gelebt und gearbeitet haben. Aus Sicht einer westlich zentrierten Kunstgeschichtsschreibung gelten sie als bedeutende Meisterwerke des 20. Jahrhunderts. Die jüngsten Neuerwerbungen erweitern diesen Kanon um Kunstwerke von weiblichen und nicht-westlichen Positionen. Diese markieren den Beginn eines langfristigen Prozesses, in dem sich die Kunstsammlung für eine vielstimmige und inklusive Erzählung der Kunstgeschichte öffnet.
Seit 2017 hat die Kunstsammlung zahlreiche Schlüsselwerke von bedeutenden Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts erworben, darunter Etel Adnan, Helen Frankenthaler, Carmen Herrera, Maria Marc, Paula Modersohn-Becker, Gabriele Münter, Lygia Pape, Charlotte Posenenske, Anne Truitt und Marianne Werefkin. Bilder von Hassan El-Telmisani, Fouad Kamel und Mayo erweitern die Bestände des Surrealismus um Perspektiven aus dem Norden Afrikas. Die monochrome Malerei des südkoreanischen Künstlers Park Seo-Bo ergänzt die Werke des US-amerikanischen Minimalismus.
Die Neuerwerbungen spiegeln auch die Entwicklungen in der zeitgenössischen Kunst wider. Mit Installationen und Videoarbeiten, Fotografien und Textilarbeiten von Künstler*innen wie Ed Atkins, Lutz Bacher, Simon Denny, Noa Eshkol, Simone Fattal, Isaac Julien, Henrike Naumann, Senzeni Marasela, Hito Steyerl, Emma Talbot und Ai Weiwei sind wichtige Zeugnisse der Gegenwartskunst in die Sammlung eingegangen. An feministische, queere und dekoloniale Diskurse knüpfen Kader Attia, Cao Fei, Isa Genzken, Jutta Koether, Anys Reimann, Dayanita Singh und Zanele Muholi mit ihren Werken an. Auch Künstler*innen aus Düsseldorf wie Thomas Ruff, Katharina Fritsch, Andreas Gursky, Katharina Sieverding, Ursula Schulz-Dornburg, Thomas Schütte sowie die junge lokale Szene sind in der Sammlung vertreten.